Wie geht eine gute Beziehung - Kolumne Berliner Zeitung 17

Farbrizia, 36: „Lieber Herr Lenné! Vielen Dank für Ihre tollen Kolumnen. Ich habe eine etwas generelle Frage: Sie machen ja schon lange Paartherapie. Aus Ihrer Erfahrung heraus: Was sind die Schlüssel für eine gelungene, erfüllte Beziehung? Sex? Verständnis? Oder Teamwork?“

 

Liebe Farbrizia, erst einmal vielen Dank für die Blumen für meine Kolumnen. Deine Frage ist wohl die Frage aller Fragen. Es gibt wahrscheinlich zehn Meter Buchrücken zu diesem Thema und in der „Brigitte“ steht es auch in jeder dritten Ausgabe. In der Psychotherapieforschung finden sich in etwa deine drei Punkte: anziehende Erotik, Interesse am Anderen und Lust auf Kooperation. Ich habe deine Vorschläge – Sex, Verständnis und Teamwork etwas anders beschrieben. Sex allein ist weitgehend austauschbar, Verständnis kann ich für viele haben und Teamwork geht auch in der Firma. In der Liebe versuche ich mich in allen dreien auf den geliebten Partner zu richten. Die Partnerwahl und das Verlieben hat, zum Ärger der Singlebörsen immer noch einen großen, nennen wir es magischen Anteil. Aber wenn es erst einmal stattgefunden hat, dieses Unbeschreibliche Bedeutungsvolle, dann flattert unser Innerstes oft wie ein kleiner Vogel und sucht die Berührung und Begegnung mit diesem Innersten des anderen. Das Zauberwort diese Türen zu suchen, zu finden und auch zu öffnen heißt Vertrauen. Es verwandelt Sex in Erotik, Interesse in bedeutungsvolle Begegnung und lässt durch Kooperation eine innere und äußere Heimat entstehen. Die Fähigkeit zu Vertrauen ist ein tiefer Schlüssel. Die Art, wie unsere Eltern in den ersten Monaten unseres Lebens auf unsere Äußerungen und Bedürfnissen reagieren, formt unser Grundvertrauen und unser Bindungsverhalten. Sind diese irritiert, werden sie immer wieder als unterschwelliges Misstrauen oder Zögern in allen wirklich nahen Beziehungen unseres Lebens für Unruhe sorgen. Auf der oberen Ebene arbeite ich mit den Paaren an Sex, Interesse und Kooperation. Die wirksame Veränderung findet in der Arbeit auf der Vertrauensebene statt. Es gibt zwei einfache Fragen zu Bindung und Urvertrauen: „Können Sie mit Ihrer Mutter über Ihr Innerstes sprechen?“ und „Können Sie mit Ihrem Partner über Ihr Innerstes sprechen? Bildlich gesprochen ist es dieser kleine Vogel in uns, der sich trauen muss mit dem andern Vogel zu spielen. Sich hinzugeben und fallen zu lassen. Erst dann kann aus Sex, Verständnis und Kooperation eine sich immer wieder selbst erneuernde und selbst erfrischende Liebesbeziehung werden.