Bindung

Fast jeder dritte in Deutschland ist unsicher gebunden. Diesen Menschen fällt es schwer sich in Liebesbeziehungen tiefer zu öffnen. Sie können sich verlieben - auch eine Familie gründen - aber es bleibt eine, kaum gefühlte aber immer wieder unangenehme Distanz zum Partner. Halb bewusst zweifeln sie, ob sie sich wirklich so zeigen können, wie sie sich ganz innen fühlen. Die meisten Streits oder Gefühle von Einsamkeit oder Vereinnahmung sind Auswirkungen dieser unsicheren Bindung.

Vertrauen
Eine Klientin beschrieb diese Hürde - etwa drastisch - so: “Wenn ich mit meinem Mann fernsehe und mir der Film nicht gefällt, ist es schwer für mich ihm das zu sagen. Ich habe schon gar keine Lust mehr, mich mit ihm zusammen vor den Fernseher zu setzen. Wenn ich dagegen mit einer Freundin Filme schaue, ist es kein Problem für mich meine Wünsche zu äußern”
Hier können Sie die Auswirkungen von Bindungsunsicherheit gut erkennen. Die Frau vertraut nicht darauf, dass sie und ihr Mann die Bedürfnisse des andern wirklich ernst nehmen und gemeinsam eine Lösung suchen. Stattdessen sieht sie lieber Filme, die ihr nicht so gefallen oder beginnt die gemeinsamen Fernsehabende zu meiden.
Dieses Beispiel können Sie auf alle Interaktionen, wie Nähe, Sex, Kindererziehung oder Absprachen aller Art übertragen. Wenn einer oder beide nicht das Vertrauen haben, ihre Bedürfnisse oder Abneigungen dem anderen anzubieten und dabei bei sich zu bleiben, ist es schnell verständlich, warum die Partner sich von einander zurückziehen oder unnütze Streits eskalieren.

Typische Folgen
Ein immer wiederkehrendes, sich schnell aufschaukelndes Streitmuster ist dabei die Kombination aus Verfolger und Vermeider. Meist ist es die Frau, die die Intensität des Streits erhöht und der Mann derjenige, der immer ‘trockener’ wird. Wobei nicht zu sagen ist, wer angefangen hat. Der Mann, in dem er sich ein Stück verschlossen hat und damit die Frau alleine gelassen hat. Oder die Frau, die mit ihrer Intensität den Mann zu sehr bedrängt hat. Paare berichten dazu von schrecklichen nächtlichen Verfolgungsjagden in denen die Frau, z.Tl. mit einem Säugling auf dem Arm dem Mann von Zimmer zu Zimmer hinterher läuft. Die Frau möchte unbedingt jetzt etwas klären, der Mann rettet sich vor einer gefühlten Überflutung.

Bindungstypen
Dies sind die klassischen Auswirkungen der Kombination von unsicher-vermeidender und unsicher-ängstlicher Bindungsstörung.

  • Unsicher-vermeidend gebundene Menschen haben Angst vereinnahmt zu werden. Sie grenzen sich daher schnell, früh und meist vehement ab.

  • Unsicher-ängstlich gebundene Menschen haben Angst verloren zu gehen. Sie versuchen deshalb möglichst viel im Kontakt zu bleiben.

Diese entgegengesetzten Strategien führen in einer emotional bedeutenden Situation fast unweigerlich zu großem Streit. Tatsächlich sind diese Bindungstypen ungleich auf die Geschlechter verteilt. Männer neigen zur unsicher-vermeidenden Seite und Frauen zur unsicher-ängstlichen Seite. Dies ist für Mitteleuropa in zahlreichen Studien gut belegt.

Kollusion
Auch wenn es immer wieder so aussieht, als ob es eine Aufteilung in Täter:in und Opfer gibt, sind doch beide gleichermaßen mit ihrem, der Bindungsstörung inhärenten Misstrauen am fehlenden Glück beteiligt.

Vorgehensweise
Therapieverlauf und Auswahl der Interventionen orientieren sich sowohl in der Einzel- als- auch- Paartherapie an den folgenden Kriterien: 

  • Verändere stets was sich schon verändern lässt. Lösungsorientierte Arbeit findet immer dort ihre Anwendung, wo Verhaltensweisen schon schnell und glücksfördernd modifiziert werden können.

  • Ich-Stärke. Alle Interventionen fördern den selbstbestimmten Umgang des Klienten mit seiner persönlichen Innen- und- Außenwelt. Die Stärkung seines Ich ist Ausgangspunkt und Ziel der emotional öffnenden Arbeit.

  • Nutze alles was schon da ist und hilft. Die Verknüpfung mit allem was der Klient schon kann und hat, fördert und beschleunigt den Aufbau seines Selbstwertes und seine Entwicklung. 

  • Mentalisierung. In der Arbeit mit dem Therapeuten erweitert der Klient seine Fähigkeit seine tieferen persönlichen Bedürfnisse zu erspüren, mitzuteilen und auszuhandeln.

  • Integration. Der Klient wird eingeladen und unterstützt, sich unbewusste Verhaltensweisen und Gefühlsmuster bewusst zu machen. In einem weiteren Schritt, diese anzunehmen und positiv zu verändern. Dabei werden evtl. zugrunde liegende emotionale Widersprüche aufgedeckt und integriert. 

  • Struktur-Stärke. Empathie und respektvoll spiegelndes Interesse an den verschiedenen Schichten seines Ich, helfen dem Klienten sein Innenwelt zu erkennen und zu strukturieren. Er erweitern so sein Selbst und vervollständigt sein inneren und äußeren Möglichkeiten.

  • Fachwissen und entwickelte Persönlichkeit des Therapeuten stehen dem Klienten als individuelle Reflexions- und- Lernmöglichkeiten zur Verfügung. 
     

Therapeutenwahl
Der Erfolg einer Therapie hängt - nach Forschungsergebnissen - etwas mehr von der Qualität der Arbeitsbeziehung zwischen Therapeut und Klient als von der verwendeten Methode ab. Sie suchen im Therapeuten ein qualifiziertes Gegenüber, dem Sie sehr intime Details Ihres Lebens anvertrauen werden und mit dessen Hilfe Sie an Ihrem persönlichen Glück arbeiten. Ich empfehle den Therapeuten sowohl nach persönlichen Gefühl als auch nach Art und Anzahl seiner Ausbildungen auszusuchen - fahren Sie dafür lieber etwas weiter und zahlen Sie vielleicht etwas mehr. Haben Sie nach den ersten Treffen Zweifel, verabreden Sie ein Vorgespräch mit einem weiteren Therapeuten.